Gedenken an Pfarrer Stadler

Eine Gedenktafel in der Kirche erinnert an längst vergangene Zeiten. Eine Übersetzung von Mag. Meinhard Leitich.

Pfarrkirche Ebenau:

Gedenkinschrift für den Pfarrer Thomas Stadler, 1760

übersetzt von Mag. Meinhard Leitich

 

Standort:         5323 Ebenau, Land Salzburg

                        Pfarrkirche Ebenau, im Presbyterium links vor dem Hochaltar, innen unter

                        Fenster an der westlichen Außenwand

Reinige Dich um des Lebens Preis!

 

Steh`n bleib, o Wand`rer, und lies die Worte des Dichters, des stummen!

Schau doch, welchen Mann grausig bedecket das Grab!

Er war der Hirt, der beste, der solang behütet` die Lämmer,

bis des Lebens Kraft starrend die Glieder verließ.

Er schlechthin der Stolz seiner Kirche und Tröster im Elend,

Tugend, die hast Du in ihm, ahme du stets sie nach!

Thomas Stadler liegt hier, sieh an den Vater und Leiter!

Weinend um den Verlust klaget verlassen das Schaf!

Wunderbar fürchtet` er nicht den Zorn des göttlichen Richters,

als zu brechen begann Todesschauer sein Herz.

Aber warum, fragst Du, starb ohne Furcht er im Antlitz?

Wer im Leben voll Ehr`, triumphieret im Tod!

Du nur lerne Gott zu verehren, solange Du lebest, -

dann gereichet zur Freud` Dir Deine letzte Stund`!

 

Thomas Stadler starb im Jahre 1760.

 

 

Gesamtbeurteilung:

Diese interessante lateinische Inschrift bietet im typisch barocken Stil anschauliche sprachliche Bilder und Figuren:

 

* den Topos (d.i. e. sprachlicher Gemeinplatz) vom Wanderer, der verweilt, um den Gedenkspruch zu lesen,

* das Bild von den Schafen, die ihren Hirten verloren haben,

* ein Exemplum, (d.i. ein vorbildliches Beispiel) im furchtlos sterbenden Priester,

* anschließend einen belehrendem Sinnspruch ("Wer im ...", "Du nur ..."),

* Antithesen (d.i. das Anführen von Gegensätzen) in der Gegenüberstellung von Leben und Ehr(furcht) bzw. Tod und Triumph.

* Bis auf die erste und die letzte Zeile ist der Text streng rhythmisiert (Distichon (= antikes Versmaß): Hexameter + Pentameter, d.i. abwechselnd zwei verschiedenene Versmaße mit jeweils sechs Hebungen). Die obenstehende Übersetzung versucht diesen Rhythmus nachzuvollziehen.

* Das Todesdatum ist aus der letzten Zeile als Chronogramm (die Großbuchstaben sind verschlüsselte römische Ziffern) zu lesen.